Je länger ein Ereignis zurückliegt, desto mehr verklären wir es. Und je länger ein Leistungsfall in der Berufsunfähigkeitsversicherung zurückliegt, desto schwieriger ist es, ein rückwirkendes Anerkenntnis zu erlangen. Das liegt zum einen daran, dass der Gesundheitszustand sich zwischenzeitlich wieder verbessert haben kann und dadurch ein aktuelles Gutachten nicht hilft. Aber auch daran, dass sich die berufliche Tätigkeit seitdem geändert haben kann.
Und oft ist es auch so, dass sich der Betroffene nicht krank genug fühlt, um sich selbst als berufsunfähig zu sehen. Dann hilft es, einen guten Versicherungsmakler an der Seite zu haben, der einen darauf aufmerksam macht.
In diesem Fall geht es um ein rückwirkendes Anerkenntnis für einen angestellten Gebietsverkaufsleiter, der zu 80% im Außendienst tätig war. In dieser Tätigkeit hat er 10-12 Stunden täglich gearbeitet. Der Vertrag läuft seit 2009.
Da er an Schlaf- und Konzentrationsstörungen leidet, scheidet er 2011 aus dem Beruf aus und ist seitdem Hausmann. Bewerbungen haben keinen Erfolg.
Wegen seiner Erkrankung ist er 2014, 2018 und 2021 in stationärer Behandlung.
Welcher Beruf zählt für ein rückwirkendes Anerkenntnis
Erst in 2022 kommt er auf Anraten seines Versicherungsmaklers zu uns. Selbstverständlich bemühen wir uns in diesem Fall um ein rückwirkendes Anerkenntnis, da er in unseren Augen sehr deutlich seit 11 Jahren berufsunfähig ist.
Der Versicherer stellt aber die Frage, ob hier die Berufsunfähigkeit eines Gebietsverkaufsleiters mit 10-12 Stunden täglicher Arbeitszeit anzusetzen sei oder nicht eher der Hausmann, der er ja schon seit langem ist.
Als Hausmann wäre er vermutlich nicht berufsunfähig, da er seinen Alltag als Hausmann die letzten 11 Jahre insgesamt recht gut bewältigen konnte. Deshalb wäre es für ein erfolgreiches rückwirkendes Anerkenntnis wichtig, dass wir nachweisen können, dass der Hausmann nicht zu prüfen ist.
Damit ein Beruf prüfrelevant ist, muss er auf Dauer ausgelegt sein, den Lebensstandard prägen und freiwillig ergriffen worden sein. Und nach unserer Auslegung stimmt das Letzte davon nicht. Denn er ist nicht freiwillig, sondern aus gesundheitlichen Gründen Hausmann.
Dummerweise scheidet er aber offiziell freiwillig aus dem Beruf aus. Wir haben keine Aussage eines Arztes, die untermauern würde, dass er aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden ist.
Glück im Unglück
Glücklicherweise, zumindest für unser rückwirkendes Anerkenntnis, haben wir die erfolglosen Bewerbungen, die ausreichend begründen, dass der ehemalige Gebietsverkaufsleiter nicht freiwillig Hausmann ist.
Deshalb leistet der Versicherer rückwirkend die 1.500 Euro Rente. Leider nur für 3 Jahre rückwirkend, da der Bedingungsstand von 2009 noch auf die gesetzliche Meldefrist von 3 Jahren verweist. In neueren Bedingungswerken wäre hier ein rückwirkendes Anerkenntnis für die kompletten 11 Jahre denkbar gewesen.
An dieser Stelle sieht man, welchen Unterschied auch schon der Versicherungsvermittler machen kann. Sehr löblich war, dass er 2022 den Kunden auf die Möglichkeit eines BU-Leistungsfalls aufmerksam gemacht hat. Allerdings könnte man durchaus kritisch nachfragen, was die 11 Jahre zuvor passiert ist. Denn gerade bei psychischen Erkrankungen fehlt es oft den Betroffenen selbst an der nötigen Krankheitseinsicht. Und deshalb kommt für sie auch keine Meldung bei der Berufsunfähigkeitsversicherung in Frage.
Hier sollte der Versicherungsvermittler näher am Kunden dran sein. Es hätte auch geholfen, wenn das Bedingungswerk schon auf die Meldefrist verzichtet hätte.
Wenn ihr Hilfe in einem Fall braucht, dann meldet euch bei uns! Vermittler melden sich hier 🙂